Einleitende Bemerkungen von Piero Cipollone, Mitglied des EZB-Direktoriums, vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments
Brüssel, 8. April 2025
Es ist mir eine Ehre, heute unseren Austausch über den digitalen Euro fortzusetzen.
Für die Einführung eines digitalen Euro gibt es viele gute Argumente. Meiner Meinung nach laufen sie alle auf eines hinaus: die Stärkung der strategischen Autonomie Europas.
In meinen heutigen Ausführungen möchte ich darauf eingehen, was strategische Autonomie konkret in Bezug auf die Zahlungen in unserem Alltag bedeutet. Dabei werde ich die Schlüsselrolle des Bargelds beleuchten und die Vorteile eines digitalen Euro aufzeigen.
Das internationale Umfeld ist immer weniger vorhersehbar. Deshalb ist es nun an der Zeit für konkrete Maßnahmen.
Retail-Zahlungen werden zunehmend digital.[1] Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlen im Laden immer häufiger mit digitalen Zahlungsmitteln und kaufen auch immer mehr im Internet ein. Allerdings wird ein Großteil dieser Transaktionen über nichteuropäische Anbieter abgewickelt. Aktuell können die Menschen in 13 Ländern des Euroraums bei unbaren Bezahlvorgängen in Ladengeschäften ausschließlich internationale Kartensysteme oder mobile Lösungen nutzen.[2] Und selbst in Ländern, in denen es ein nationales Kartensystem gibt, muss für grenzüberschreitende Zahlungen in andere Euro-Länder Co-Badging eingesetzt werden. Daraus könnte in nicht allzu ferner Zukunft eine Abhängigkeit von anderen privaten Zahlungsmitteln entstehen, zum Beispiel von nichteuropäischen Stablecoins.
Die übermäßige Abhängigkeit von nichteuropäischen Anbietern schwächt unsere Resilienz und gefährdet unsere Währungshoheit.[3] Und sie verdeutlicht, dass wir dringend einen digitalen Euro brauchen. Wenn wir nicht handeln, setzen wir uns nicht nur erheblichen Risiken aus, sondern lassen auch eine große Chance verstreichen.
Bargeld entscheidend für finanzielle Inklusion und Resilienz
Trotz der rasanten Digitalisierung von Retail-Zahlungen bleibt das Bargeld ein Eckpfeiler des europäischen Finanzsystems. Gegenwärtig ist es unser einziges hoheitliches Zahlungsmittel.
Die nach wie vor starke Nachfrage nach Bargeld[4] zeigt, wie wichtig es ist, dass Bargeld ein bequemes und sicheres Zahlungsmittel bleibt, überall akzeptiert wird und als Wertspeicher dient.
Bargeld gewährleistet finanzielle Inklusion, spielt aber auch für die Sicherung der Resilienz unserer Zahlungssysteme und Volkswirtschaften eine wichtige Rolle. In Krisenzeiten, etwa bei Cyberangriffen oder Stromnetzausfällen, ist auf Bargeld Verlass. Dies zeigte sich auch bei den Naturkatastrophen, von denen Teile des Euroraums im vergangenen Jahr betroffen waren.
Vor diesem Hintergrund ist das Eurosystem fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass Bargeld auch künftig für alle in Europa als Zahlungsmittel weithin verfügbar ist und akzeptiert wird. Wir haben eine umfassende Bargeldstrategie umgesetzt[5] und gestalten die Euro-Banknoten neu, um sie zukunftsfähig zu machen.
Darüber hinaus begrüßt die EZB ausdrücklich den Verordnungsvorschlag zur Regelung des Status von Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel. Wie in unserer Stellungnahme erläutert, sollte die Verordnung einseitige Ex-ante-Ausschlüsse von Bargeld durch Einzelhändler oder Dienstleister klar verbieten. Mit der Verordnung sollte überdies sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten dem Bankensektor die Verantwortung für die Bereitstellung grundlegender Bargelddienstleistungen für Privat- und Firmenkunden auferlegen. So soll im gesamten Euroraum ein guter Zugang zu Einrichtungen für das Einzahlen und Abheben von Euro-Bargeld gewährleistet werden.[6]
Europas strategische Autonomie bei digitalen Zahlungen in einem sich wandelnden geopolitischen Umfeld stärken
Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die Menschen in Europa ein sicheres und zuverlässiges digitales Zahlungsmittel haben, das unser Bargeld ergänzt und die wichtigsten Vorteile des Bargelds in der digitalen Welt nutzbar macht. Aufgrund der zunehmenden Präferenz für digitale Zahlungen reichen die Akzeptanz und Verfügbarkeit von Bargeld nicht mehr aus, um einen wachsenden Anteil an Anwendungsfällen abzudecken. So entfällt beispielsweise über ein Drittel unserer Retail-Transaktionen auf den Onlinehandel. Dort kann Bargeld aber nicht verwendet werden, und häufig steht auch kein europäischer Zahlungsdienst zur Verfügung.[7] Folglich sind wir auf nichteuropäische Zahlungssysteme angewiesen. Diese strukturelle Schwäche gilt es zu überwinden.
Europa kann es sich nicht leisten, zu sehr auf nichteuropäische Zahlungslösungen zu setzen. Denn so machen wir uns in Zeiten erhöhter geopolitischer Spannungen von anderen abhängig. Es liegt auf der Hand, dass wir in den Bereichen Verteidigung und Energie unabhängig bleiben müssen. Die Gewährleistung der Autonomie wesentlicher Dienstleistungen wie des täglichen Zahlungsverkehrs ist jedoch ebenso dringlich. Ohne sie sind wir anfällig für geopolitische Spannungen und laufen Gefahr, unsere Währungshoheit zu verlieren. Die jüngsten Entwicklungen auf internationaler Ebene führen diese Risiken vor Augen.
Unterdessen schwächt unsere Abhängigkeit von nichteuropäischen Zahlungsdienstleistern unser wirtschaftliches Potenzial und unsere Wettbewerbsfähigkeit. Aufgrund des fragmentierten Zahlungsverkehrsmarkts sind europäische Zahlungsdienstleister oft nicht groß genug, um ihre Dienstleistungen EU-weit anbieten zu können. Dies spielt nichteuropäischen Anbietern in die Hände, die ihre Dienstleistungen europaweit und sogar international anbieten können.
Auch unsere fragmentierte Marktstruktur kommt uns teuer zu stehen. Aber das muss nicht so sein: Wir haben es in der Hand zu entscheiden, wie einheitlich unser Zahlungsverkehrsmarkt sein soll.
Aus den Daten geht hervor, dass inländische Kartensysteme in ganz Europa Marktanteile verlieren[8] und dass internationale Kartensysteme von europäischen Banken und Händlern hohe Gebühren verlangen.[9]
Da sich digitale Wallets wie PayPal oder Apple Pay wachsender Beliebtheit erfreuen, droht den europäischen Banken ein weiterer Abfluss von Gebühren und Daten.
Die neue US-Regierung hat unlängst Maßnahmen zur Förderung von Krypto-Assets und US-Dollar-gestützten Stablecoins ergriffen. Dies weckt Bedenken hinsichtlich der Finanzstabilität und der strategischen Autonomie Europas. Durch die Maßnahmen könnte es nicht nur zu weiteren Gebühren- und Datenverlusten kommen, sondern auch zu einer Verlagerung von Euro-Einlagen in die USA und mithin einer weiteren Stärkung der Rolle des US-Dollar im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr. Zudem sind private Unternehmen zunehmend bereit, von ihren Kunden Stablecoins zu akzeptieren. Für die Währungshoheit könnte dies weitreichende Konsequenzen haben.[10]
Angesichts dieser Herausforderungen brauchen wir zur Wahrung unserer Souveränität eine Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor. Eckpfeiler dieser Zusammenarbeit wäre der digitale Euro – als souveränes europäisches Zahlungsmittel auf der Grundlage des EU-Rechts.
Er würde sicherstellen, dass der Euroraum die Kontrolle über seine finanzielle Zukunft behält. Als sichere und allgemein akzeptierte digitale Zahlungsoption für alle Anwendungsfälle – und insbesondere unter europäischer Regie – würde er unsere Abhängigkeit von nichteuropäischen Dienstleistern verringern. Zudem würde es ausländischen Stablecoins dadurch erschwert, sich im Euroraum als gängiges Tauschmittel durchzusetzen.[11]
Der digitale Euro wäre eine einfache und sichere digitale Zahlungsoption für die Menschen in Europa. Seine grundlegenden Funktionen wären kostenlos, mit ihm könnte überall im Euroraum bezahlt werden und die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer würde bei ihm geschützt.[12] Überdies würde er die europäischen Händler vor überhöhten Gebühren internationaler Kartensysteme schützen, mit ihm hätten sie beim Thema Gebühren eine bessere Verhandlungsposition gegenüber diesen Systemen.[13]
Der digitale Euro könnte auch offline verwendet werden. Dadurch würden unsere täglichen Zahlungen resilienter, weil Verbraucher und Händler den digitalen Euro auch ohne Internet nutzen könnten.
Vor allem würde der digitale Euro die europäischen Zahlungsdienstleister in die Lage versetzen, wieder eigenständig zu agieren.[14] Der digitale Euro stünde nicht im Wettbewerb mit privaten Initiativen. Er würde stattdessen Synergien nutzen und es privaten Initiativen ermöglichen, leichter in der gesamten EU Fuß zu fassen. Dies würde dazu beitragen, die Hürden zu überwinden, die der Grund für die derzeitige Fragmentierung sind.
Ein Beispiel für diese Synergien wäre eine integrierte Lösung, die es privaten Initiativen ermöglicht, Dienstleistungen im gesamten Euroraum bereitzustellen und dank der gemeinsamen Standards für den digitalen Euro alle Anwendungsfälle effektiv abzudecken.
Dann müsste niemand mehr nach alternativen Lösungen für Auslandszahlungen suchen. Die europäischen Banken könnten ihre Kunden halten und würden angemessen für ihre Dienstleistungen vergütet.
Der Zahlungsverkehr ändert sich schnell. Deshalb ist es dringend erforderlich, die Rechtsvorschriften zum digitalen Euro jetzt voranzubringen.
Es wird immer deutlicher, was passiert, wenn wir untätig bleiben. Dann drohen der Verlust der Kontrolle über unsere Finanzinfrastruktur, eine größere Abhängigkeit von nichteuropäischen Systemen sowie Störungen unserer Banken- und Kreditsysteme. Eine verzögerte Einführung des digitalen Euro würde unsere gemeinsame öffentlich-private Reaktion auf diese Risiken ausbremsen. Unsere Bevölkerung verlässt sich darauf, dass wir die Chance Europas ergreifen und den Wandel vorantreiben, anstatt nur interessiert die Entwicklung zu beobachten.
Projekt digitaler Euro auf Kurs
Ich möchte nun darauf eingehen, wo das Projekt derzeit in technischer Hinsicht steht.
Wie der digitale Euro letztlich funktioniert, wird maßgeblich vom rechtlichen Rahmen abhängen. Dieser wird auch den Status des digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel und den Datenschutz regeln. Zugleich schreitet kommt das Projekt digitaler Euro planmäßig voran, und die Vorbereitungsphase endet in Kürze.[15]
Wir arbeiten gemeinsam mit Marktteilnehmern am Regelwerk für den digitalen Euro, d. h. einheitlichen Regeln, Standards und Verfahren für Zahlungen in digitalen Euro.[16] Sie haben bei anderer Gelegenheit nach den Vorteilen des digitalen Euro für die Privatwirtschaft gefragt. Europäische Zahlungsdienstleister können sich mithilfe des Regelwerks die offenen Standards und den Status des digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel zunutze machen und ihre Dienstleistungen auf den gesamten Euroraum ausweiten. Sobald die Rechtsvorschriften von den EU-Gesetzgebern verabschiedet sind, können diese Standards endgültig festgelegt und von den Marktteilnehmern noch vor der möglichen Einführung des digitalen Euro genutzt werden.[17] Dadurch kämen Händler und Verbraucher früher in den Genuss der Vorteile. Wir werden im Laufe dieser Woche aktuelle Informationen über den Stand der Entwicklung des Regelwerks veröffentlichen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der digitale Euro die Stabilität des Finanzsystems gewährleistet. Wir haben Ihre diesbezüglichen Bedenken zur Kenntnis genommen und sehen darin eine unserer wichtigsten Prioritäten. Wie ich bereits bei unserer letzten Zusammenkunft erwähnt habe, arbeiten wir derzeit an einer soliden analytischen Grundlage zur Festlegung der Halteobergrenze für den digitalen Euro.[18] Diese Methodik basiert auf den drei im Verordnungsvorschlag genannten Säulen – Nutzbarkeit, Geldpolitik und Finanzstabilität. Dabei stützen wir uns auf die Rückmeldungen der Marktteilnehmer. Die Ergebnisse sollen im Sommer veröffentlicht werden. Vorläufige Erkenntnisse deuten bereits darauf hin, dass die Nutzung des digitalen Euro für tägliche Zahlungen die Finanzstabilität, die Bankenaufsicht und die Geldpolitik nicht beeinträchtigen wird.
Die Bestrebungen von öffentlicher und privater Seite zur Wiederherstellung unserer Autonomie im Bereich Retail-Zahlungen dürften größere Erfolgsaussichten haben, wenn sie auch Innovationen begünstigen, wie einige von Ihnen bei früheren Diskussionen angemerkt haben. Daher haben wir im vergangenen Oktober einen Aufruf zur Interessenbekundung für Innovationspartnerschaften für den digitalen Euro veröffentlicht.[19] Dabei geht es in erster Linie darum, bedingte Zahlungen und andere innovative Anwendungsfälle zu erproben. So untersuchen wir beispielsweise, wie es möglich wäre, eine bestimmte Leistung nur dann zu bezahlen, wenn sie auch erbracht wurde. Damit sollen langwierige und unsichere Erstattungsverfahren wegfallen.
Das Interesse aus verschiedenen Marktsektoren ist groß. Rund 100 Bewerber wollen weiter mit neuen Anwendungsfällen und technologischen Lösungen experimentieren.[20] Diese Innovationspartnerschaften werden letztlich allen Anbietern und Nutzern des digitalen Euro zugutekommen. Die Anbieter werden ihren Kundenstamm und ihre Einnahmen ausbauen können, während die Nutzer in den Genuss innovativer Zahlungsoptionen kommen.
Bei den technischen Arbeiten in den Bereichen Schutz der Privatsphäre, Offline-Funktionalität und operationelle Resilienz kommen wir gut voran. Außerdem befinden wir uns mitten im Ausschreibungsverfahren für Rahmenvereinbarungen mit möglichen künftigen Anbietern von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem digitalen Euro.[21]
Zudem wollen wir durch umfassende Nutzerforschung verwertbare Erkenntnisse über deren Wünsche gewinnen und sicherstellen, dass der digitale Euro den Menschen klare Vorteile bietet.[22] Dieses Thema haben Sie auch in der jüngsten Entschließung des Europäischen Parlaments zum Jahresbericht der EZB angesprochen.[23]
Schlussbemerkung
Ich komme nun zum Schluss meiner Ausführungen.
Es ist Zeit zu handeln. Wenn wir uns gegen mögliche Störungen wappnen und unsere stetig zunehmende Abhängigkeit von ausländischen Unternehmen überwinden wollen, müssen sowohl bei der Verordnung zum digitalen Euro als auch bei der Verordnung über den Status des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel rasch Fortschritte erzielt werden.
Seit Beginn des Projekts digitaler Euro weisen wir darauf hin, wie wichtig die strategische Autonomie Europas ist.[24] Erfreulich ist, dass sich sowohl die EU-Gesetzgeber als auch die EZB in den letzten Jahren intensiv mit diesem Thema befasst haben.
Der digitale Euro ist ein öffentlich-privates europäisches Gemeinschaftsprojekt. Bei seiner Verwirklichung kommt es auf Sie als Gesetzgeber an. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, die strategische Autonomie Europas im kritischen Bereich des Zahlungsverkehrs in die Tat umzusetzen.
Damit der digitale Euro erfolgreich sein kann, brauchen wir solide und zukunftsorientierte Rechtsvorschriften. Die EZB steht bereit, Sie bei Ihren Beratungen mit fachlichen Beiträgen zu unterstützen. Selbstverständlich werden wir Sie weiterhin über unsere Fortschritte auf dem Laufenden halten.
Die Welt wandelt sich rasant. Zeigen wir den Menschen in Europa, dass wir uns den Herausforderungen stellen, unsere Währung schützen und garantieren, dass die Menschen frei wählen können, wie sie bezahlen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Siehe EZB, Study on the payment attitudes of consumers in the euro area (SPACE), Dezember 2024.
Siehe EZB, Report on card schemes and processors, Februar 2025. Zudem gibt es nur in wenigen europäischen Ländern die Möglichkeit, beim Onlineshopping ein nationales Zahlungssystem zu nutzen.
Laut der jüngsten Zahlungsverkehrsstatistik der EZB entfielen im ersten Halbjahr 2024 66 % aller elektronischen Zahlungen, bei denen im Euroraum ausgegebene Karten zum Einsatz kamen, auf internationale Kartensysteme (2022: 61 %).
Der Gesamtwert des Euro-Banknotenumlaufs beträgt derzeit knapp 1,6 Billionen €. Und Banknoten zirkulieren schnell: Im Jahr 2024 lag der Wert der von den Banken an ihre Kunden ausgegebenen Banknoten bei knapp über 1,6 Billionen €, also auf ähnlichem Niveau.
Ziel der Bargeldstrategie des Eurosystems ist, dass das Euro-Bargeld auch in Zukunft als Zahlungsmittel und als Wertspeicher verfügbar ist und allgemein akzeptiert wird. Siehe auch EZB, EZB wählt Motive für künftige Euro-Banknoten aus, Pressemitteilung vom 31. Januar 2025.
Dieser Ansatz sorgt für Rechtssicherheit bei persönlichen Zahlungen und steht im Einklang mit den Bestimmungen des Verordnungsentwurfs zum digitalen Euro. Siehe Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Euro-Banknoten und Euro-Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel, Europäische Kommission, COM(2023) 364 final vom 28. Juni 2023, und Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 13. Oktober 2023 zu einem Vorschlag für eine Verordnung über Euro-Banknoten und Euro-Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel (CON/2023/31).
Siehe EZB, 2024, a. a. O.
Siehe EZB, Report on card schemes and processors, Februar 2025.
Siehe EuroCommerce, EU businesses’ competitiveness impacted by current cards payments landscape – a call for urgent action, Position Paper, 8. Juli 2024.
So hat etwa PayPal angekündigt, dass es bis Ende 2025 mehr als 20 Millionen kleinen und mittelgroßen Händlern den eigenen Stablecoin – PayPal USD (PYUSD) – als Zahlungsoption anbieten wird. Damit könnten Händler ihre Lieferanten künftig über eine neue PYUSD-gestützte Zahlungsfunktion einfach in Stablecoins bezahlen. Statt Überweisungen über herkömmliche Banknetzwerke können Unternehmen dann PYUSD sofort und ohne Intermediäre versenden. PYUSD wird überall dort verwendet werden können, wo PayPal akzeptiert wird. Also auch bei Millionen von Händlern weltweit. Somit kann PYUSD bereits jetzt als Zahlungsoption auf E-Commerce-Plattformen und an POS-Terminals verwendet werden. Händler können also Zahlungen von Kunden annehmen.
Siehe auch P. R. Lane, The digital euro: maintaining the autonomy of the monetary system, Rede anlässlich der Economics Society Conference 2025 des University College Cork, Cork, 20. März 2025.
Dank der Offline-Funktion könnte der digitale Euro sogar dann verwendet werden, wenn die Internetverbindung schlecht ist oder es überhaupt kein Netz gibt. Vor einer Zahlung müsste man zunächst ein Guthaben auf sein Konto für Offline-Zahlungen in digitalen Euro laden. Dieses Guthaben würde lokal auf dem jeweiligen Gerät gespeichert. Am Zahlungsvorgang wäre keine dritte Partei beteiligt. Weitere Informationen zum Schutz der Privatsphäre finden sich in M. G. A. Daman, Making the digital euro truly private, Der EZB-Blog, 13. Juni 2024.
Wie derzeit bei anderen Zahlungssystemen üblich, könnten Zahlungsdienstleister, die den digitalen Euro bereitstellen, dem Handel die damit verbundenen Dienstleistungen in Rechnung stellen. In ihrem Legislativvorschlag für den digitalen Euro sieht die Europäische Kommission vor, dass die Preisgestaltung durch den Handel und Zahlungsdienstleister einer Obergrenze unterliegt. Wie bei der Herstellung und Ausgabe von Euro-Banknoten würde das Eurosystem die Kosten für die Einrichtung eines Systems und einer Infrastruktur für den digitalen Euro tragen.
Für Marktinitiativen, die europaweite Lösungen anstreben, gibt es mehrere Beispiele. So wollen 14 Banken aus Frankreich, Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg im Rahmen der European Payments Initiative (EPI) die neue Marke Wero positionieren. Derzeit bietet Wero Zahlungslösungen für persönliche Zahlungen und Onlinezahlungen (sofern akzeptiert) an. Diese Entwicklung ist positiv, allerdings deckt Wero noch nicht die gesamte EU ab und plant nicht, mit einer kontaktlosen (NFC-)Lösung in den Bereich der POS-Zahlungen vorzustoßen. Parallel dazu wurde die EuroPA, die European Payments Alliance, gegründet. Im Rahmen dieser Allianz haben Bancomat, Bizum und MB WAY damit begonnen, Nutzern in Italien, Portugal, Spanien und Andorra die Möglichkeit zu geben, über ihre Handynummer Sofortüberweisungen zu tätigen und zu empfangen. Die Interoperabilität zwischen den nationalen Systemen hat zwar das Potenzial, unterschiedliche Zahlungssysteme miteinander zu verbinden, doch um wirklich nahtlose und integrierte Zahlungen zu ermöglichen, müssen noch erhebliche technische und regulatorische Herausforderungen bewältigt und das Nutzungserlebnis verbessert werden, insbesondere wenn man verschiedene Anwendungsfälle wie Point-of-Sale und den E-Commerce berücksichtigt. Diese privaten europäischen Initiativen könnten sich die offenen Standards und den Status des digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel zunutze machen, um in neue Länder zu expandieren und neue Anwendungsfälle kostengünstiger zu erschließen.
Siehe EZB, Progress on the preparation phase of a digital euro – Second Progress Report, 2. Dezember 2024.
Das Eurosystem hat eine Rulebook Development Group für das System für den digitalen Euro gebildet. Ziel ist es, Anregungen von der Finanzindustrie, Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Händlern einzuholen. Die Gruppe besteht aus 22 Fachleuten aus dem öffentlichen und privaten Sektor mit Erfahrung im Finanzwesen und im Zahlungsverkehr. Siehe EZB, Members of the Rulebook Development Group, 15. Februar 2023. Weitere Informationen enthält das vom 5. September 2024 datierte Schreiben von Piero Cipollone an Aurore Lalucq, Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments, bezüglich des Berichts Update on work of digital euro Rulebook Development Group.
Das Regelwerk für den digitalen Euro würde einheitliche Standards für den gesamten Euroraum festlegen. Die Standards für die Akzeptanz des digitalen Euro würden privaten Anbietern kostenlos zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Diese könnten dann auf dieser Grundlage ihre Dienste entwickeln. Dies wird privaten Anbietern helfen, eine europaweite Akzeptanz auf technischer Ebene zu erreichen. Dadurch werden Kostenvorteile erzielt und ein stärker integrierter europäischer Zahlungsmarkt geschaffen. Die Vergrößerung ihrer geografischen Reichweite und ihres Produktportfolios wird es ihnen wiederum erleichtern, im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Während die technische Akzeptanz gewährleistet wäre, wären nach wie vor wirtschaftliche Vereinbarungen erforderlich.
Die EZB arbeitet mit Fachleuten nationaler Zentralbanken und der zuständigen nationalen Behörden an einer umfassenden Methodik zur Kalibrierung der Halteobergrenze für den digitalen Euro. In der Fachsitzung zum digitalen Euro am 16. Juli 2024 äußerten sich die Mitgliedsverbände des Euro Retail Payments Board zu den für die Kalibrierung relevanten Faktoren. Letztere wurden beim Entwicklungsprozess berücksichtigt. Siehe EZB, Preliminary methodology for calibrating holding limits, 10. Dezember 2024.
Siehe EZB, Call for expressions of interest in innovation partnerships for the digital euro, MIP News, 31. Oktober 2024.
Zu den Bewerbern zählten u. a. 25 Start-ups, 18 IT-Unternehmen, zehn andere Zahlungsdienstleister, neun Universitäten und fünf Banken. Einige Beispiele für neue Anwendungsfälle: a) Verwendung des Smartphones zum Ein- und Auschecken in öffentlichen Verkehrsmitteln mit der Möglichkeit einer bedingten Rückerstattung bei Verspätungen und b) Durchsetzen von Verbraucherrechten bei der Kündigung von Abonnements – dieses Verfahren ist derzeit nicht immer transparent.
Das Verfahren zur Auswahl potenzieller Anbieter wurde 2024 eingeleitet. Wir haben Ausschreibungen für Rahmenvereinbarungen für fünf Komponenten des digitalen Euro veröffentlicht, die voraussichtlich von Anbietern außerhalb des Eurosystems betrieben werden: a) Alias-Lookup, b) sicherer Austausch von Zahlungsinformationen, c) Betrugs- und Risikomanagement, d) Offline-Komponente sowie e) eine App zum digitalen Euro und das zugehörige Software Development Kit. Andere Komponenten, z. B. die Zahlungsabwicklung, sollen innerhalb des Eurosystems beschafft werden. Nähere Informationen hierzu enthält das Schreiben von Piero Cipollone an Irene Tinagli, Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments zum Thema Update on work of digital euro Rulebook Development Group and start of selection procedure for potential digital euro providers vom 3. Januar 2024.
Die EZB hat einen Fachdienstleister mit der Durchführung umfassender Nutzerforschung beauftragt, die im September 2024 begonnen hat. Mit den Forschungsarbeiten sollen verwertbare Erkenntnisse über die Präferenzen der Nutzer gewonnen werden, um den Nutzen des digitalen Euro zu steigern. Schwerpunkte sind: a) eine allgemeine Segmentierungsanalyse der Bevölkerung. Sie soll Aufschluss darüber geben, wer einen digitalen Euro verwenden würde und welche Anforderungen er erfüllen müsste, b) die Präferenzen der Nutzer in Bezug auf Halteobergrenzen. Dies wird in die technischen Arbeiten an der Methode für die Kalibrierung für Halteobergrenzen einfließen, und c) vertiefende Studien mit schutzbedürftigen Teilen der Bevölkerung und kleinen Händlern. Dabei kamen Umfragen, Fokusgruppen, persönliche Befragungen und eine Online-Community zur schnellen Befragung der Nutzer zum Einsatz. Die Forschungsergebnisse werden voraussichtlich Mitte 2025 veröffentlicht.
Europäisches Parlament, BERICHT über den Jahresbericht der Europäischen Zentralbank 2024, 22. Januar 2024.
Siehe EZB, Report on a digital euro, Oktober 2020.
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